Artikel | 12/09/2022 10:37:45 | 9 min Lesezeit

Ist die zunehmende Lohnungleichheit ein ebenso dringliches Problem wie die Klimakrise?

Laut Griet Cattaert, Head of Labour Rights der UN Global Compact-Initiative, lautet die Antwort „Ja“. „Wir leben in schwierigenden Zeiten. Die Lohnungleichheit nimmt weltweit zu, und immer mehr Menschen leben in sogenannter Erwerbsarmut.“ Cattaert begrüßt, dass UPM eine globale Vorreiterrolle übernimmt, wenn es darum geht, Maßnahmen zur sozialen Verantwortung im Zusammenhang mit dem SDG8 bis 2030 zu ergreifen. Darüber hinaus zählen Inklusion und faire Entlohnung zu den Schwerpunktbereichen des Unternehmens.

Der Mensch im Mittelpunkt

UPM ist ein internationales Unternehmen mit rund 17.000 Mitarbeitern in 46 Ländern und 20.000 B2B-Lieferanten in 80 Ländern. Als Global Player sind bei UPM die Achtung der Menschenrechte und die Förderung menschenwürdiger Arbeit von zentraler Bedeutung für alle Unternehmensaktivitäten. „Stakeholder erwarten von globalen Unternehmen wie uns eine Intensivierung ihres sozialen Engagements. Darüber hinaus entwickeln sich die Auflagen zur Unternehmensverantwortung insbesondere in Europa schnell weiter“, sagt Kaisa Vainikka, Director, Social Responsibility, UPM. „Von den Unternehmen wird mehr Transparenz gefordert. Außerdem müssen sie nachweisen, dass sie Fortschritte im Hinblick auf die Förderung der Achtung der Menschenrechte und menschenwürdige Arbeit machen. Wir unterstützen einen Ansatz, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt und wissen, dass wir unser Bewusstsein für unser Geschäftsumfeld und unseren gesellschaftlichen Einfluss unter Beweis stellen müssen.“

Schwerpunkt auf Vielfalt, Inklusion und fairer Entlohnung

Das 8. Ziel für nachhaltige Entwicklung der UN lautet: „breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern“. Damit verbunden hat UPM 2022 seine Ziele für soziale Verantwortung überarbeitet und neue Ziele bis 2030 angekündigt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Vielfalt, Inklusion sowie fairer und wettbewerbsfähiger Entlohnung.

Die neuen Ziele für eine faire Entlohnung beziehen sich auf existenzsichernde Löhne und geschlechtsspezifische Lohngleichheit. UPM verpflichtet sich, seinen Mitarbeitenden einen existenzsichernden Lohn zu zahlen, der mindestens dem ortsüblichen Existenzminimum entspricht, und dies jährlich zu überprüfen. Darüber hinaus verpflichtet sich das Unternehmen, die geschlechtsspezifische Lohngleichheit durch jährliche Überprüfungsprozesse sicherzustellen und nicht erklärbare Gehaltsunterschiede zu ermitteln und zu beseitigen.

Eine jährliche Überprüfung beider Ziele ist erforderlich, da sich Organisationen und Unternehmen laufend weiterentwickeln. Das Unternehmen stellt neue Mitarbeiter ein, andere verlassen das Unternehmen. Bestehende Mitarbeiter werden innerhalb des Unternehmens befördert oder wechseln ihren Arbeitsplatz bzw. ziehen in ein anderes Land. All diese Umstände sind bei der jährlichen Datenanalyse zu berücksichtigen.

Konzept des existenzsichernden Lohns

„Der existenzsichernde Lohn ist ein kompliziertes Konzept. Derzeit gibt es keine weltweit einheitliche Definition, an die wir uns alle halten und anwenden können”, sagt Riikka Ahola, Vice President, HR Rewards, UPM.

UPM fasst den Kern dessen, was ein existenzsichernder Lohn bedeutet, wie folgt zusammen: Es handelt sich um eine Vergütung für Standardarbeit (keine Überstunden), die Arbeitnehmer zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort erhalten und die einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen soll. Zu den für einen angemessenen Lebensstandard erforderlichen Komponenten gehören: Lebensmittel, Wasser, Wohnung, Bildung, Gesundheitsfürsorge, Transport, Kleidung und andere Grundbedürfnisse, einschließlich der Vorsorge für unerwartete Ereignisse, die Arbeitnehmer und ihre Familie betreffen. Diese Komponenten finden sich auch bei der Global Living Wage Coalition wieder.

Der existenzsichernde Lohn hingegen ist ein freiwilliges Konstrukt und liegt in der Regel über dem Mindestlohn.

„Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Begriffe ‚existenzsichernder Lohn‘ und ‚Mindestlohn‘ oft synonym verwendet werden, es sich dabei jedoch um zwei sehr unterschiedliche Konzepte handelt“, so Ahola. „Beide Konzepte verfolgen das gleiche Ziel: den Lebensunterhalt zu sichern und Armut zu verhindern. Allerdings ist der Mindestlohn gesetzlich vorgeschrieben. Natürlich halten sich Unternehmen wie wir in allen Ländern, in denen wir tätig sind, an die entsprechenden Gesetze. Der existenzsichernde Lohn hingegen ist ein freiwilliges Konstrukt und liegt in der Regel über dem Mindestlohn. Es gibt nur wenige Länder, in denen die beiden Lohnformen gleich hoch sind.“

UN Global Compact Think Lab wirbt bei Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern für existenzsichernde Löhne

Griet Cattaert zufolge muss der Schwerpunkt auf allen drei Nachhaltigkeitsaspekten von ESG (Environmental, Social, Governance) liegen – auf Umwelt, Gesellschaft und Unternehmensführung. „Der Schwerpunkt liegt oft auf dem Umweltaspekt, aber wir müssen uns auch mit der gesellschaftlichen Thematik befassen. Darüber hinaus stellt bei allen Nachhaltigkeitsinitiativen die Berichterstattung eine Herausforderung dar. Für den Bereich „Umwelt“ gibt es detaillierte Bewertungsmethoden und -Tools. Für den Bereich „Gesellschaft“ fehlt es jedoch an einem Konsens darüber, was diesen ausmacht. Außerdem ist es sehr schwierig, soziale Auswirkungen im Allgemeinen zu messen. Es gibt keinen allgemein akzeptierten Geldbetrag, der einen existenzsichernden Lohn definiert. Daher ist das Thema für Unternehmen nicht unmittelbar greifbar“, erklärt Cattaert.
 

 
Im UN Global Compact Think Lab zu existenzsichernden Löhnen überlegen wir, wie wir mehr Unternehmen davon überzeugen können, sich an der Diskussion über existenzsichernde Löhne zu beteiligen, damit mehr Unternehmen mutige Verpflichtungen eingehen und ein Signal an die politischen Entscheidungsträger senden, existenzsichernde Löhne einzuführen. „Im Grunde genommen geht es darum, dass eine sehr kleine Gruppe von Unternehmen eine Vordenkerrolle übernimmt.“

Der UNGC beschäftigt sich bereits seit 2019 gemeinsam mit UPM mit dem Thema menschenwürdige Arbeit und sucht Antworten auf die Frage, wie sich die Arbeitsbedingungen in den globalen Lieferketten verbessern lassen. „In einer Arbeitsgruppe mit 25 Unternehmen haben wir beschlossen, uns speziell mit dem Thema existenzsichernde Löhne zu beschäftigen.

Jährliche Analyse existenzsichernder Löhne und Anpassung bei UPM

UPM hat sich verpflichtet, zum Thema existenzsichernde Löhne jährlich eine Analyse durchzuführen. Wenn die Gesamtbewertung unerwartete Lohnlücken aufzeigt, werden diese korrigiert. UPM arbeitet mit einem unabhängigen Dritten zusammen, um das Verständnis für existenzsichernde Löhne zu verbessern. „Für unsere jährliche Analyse erhalten wir für jedes Land, in dem wir tätig sind, eine externe, objektive Benchmark. Diese zeigt, dass wir unseren Mitarbeitenden bereits einen existenzsichernden Lohn zahlen. Wir entwickeln die Methodik dennoch stets weiter, um zu gewährleisten, dass wir unser Personal auch in Zukunft so fair wie möglich bezahlen“, erklärt Ahola.

Geschlechterspezifische Lohngleichheit

UPM hat sich verpflichtet, für alle Mitarbeitenden die geschlechterspezifische Lohngerechtigkeit zu gewährleisten und jährlich zu überprüfen. Damit nimmt das Unternehmen sowohl national als auch international eine Vorreiterrolle ein. Bisher haben nur wenige Unternehmen das Ziel, den jährlichen Überprüfungsprozess und die Ergebnisse der Überprüfung veröffentlicht. Die Überprüfung der geschlechterspezifischen Lohngleichheit bei UPM erfolgte 2021. Sie ergab, dass es in der Regel keine geschlechterspezifischen Lohn- und Gehaltsunterschiede gibt. Allerdings wurden für 2,3 % der Mitarbeitenden (400 Personen) in 10 Ländern unerklärbare Lohndifferenzen ermittelt. Sie alle erhielten per 1. Januar 2022 eine Gehaltsanpassung.

„Im gesamten Unternehmen darf es keine unerklärbaren geschlechtsspezifischen Gehaltsunterschiede mehr geben. Lohnunterschiede sind jedoch zulässig, falls ein legitimer Grund dafür vorhanden ist“, so Ahola. „Der Unterschied kann in der Art oder dem Schweregrad der Arbeit, der Erfahrung, der Leistung, dem Ort und mehr begründet sein. Unterschiede sind dann fair, wenn sie durch transparente Kriterien nachvollziehbar erklärt werden können, nicht jedoch, wenn es keine einleuchtende Begründung gibt.“

Der Weg bis 2030

„Im Bereich der sozialen Verantwortung leistet UPM Pionierarbeit. Denn das Unternehmen ist bereit, Geschäftsabläufe und Lieferketten zu beleuchten und zu hinterfragen. Dies ist ein wichtiger Schritt: Um die Problematik zu verstehen, müssen Unternehmen ihre eigene Herangehensweise reflektieren und Daten sammeln. Darüber hinaus hat sich UPM  verpflichtet, sich zu wichtigen Themen der sozialen Verantwortung zu äußern - und ist damit weltweit definitiv einer der Vorreiter“, so Cattaert.

Im Zuge der Weiterentwicklung von UPM steigen auch die Erwartungen von Stakeholder und Investoren. Ein offener und ehrlicher Dialog ist entscheidend. „UPM ist ein großer Arbeitgeber. Die Verpflichtung zu anspruchsvollen Zielen auf dem Gebiet der sozialen Verantwortung für unsere eigenen Mitarbeitenden steht dabei an erster Stelle. Als nächstes werden wir uns auch bei unseren Lieferanten für existenzsichernde Löhne einsetzen. Entlang unserer Lieferkette sind viele Menschen beschäftigt, so dass wir hier durch unsere Arbeit Einiges bewirken können“, so Vainikka abschließend.

 

Text: Dan Rider, Miltton

Auswirkungen der EU-Verordnungen auf den Holzbau
Artikel | 10 min

Auswirkungen der EU-Verordnungen auf den Holzbau

Mehr erfahren
Eine neue Sicht auf Sperrholz
Artikel | 5 min

Eine neue Sicht auf Sperrholz

Mehr erfahren
Wie vermitteln wir der nachfolgenden Generation die komplexen Zusammenhänge des Klimawandels?
Artikel | 6 min

Wie vermitteln wir der nachfolgenden Generation die komplexen Zusammenhänge des Klimawandels?

Mehr erfahren